Wie können wir einander helfen?

Therapeutische Seelsorge bedeutet für uns, dass wir uns möglichst weit in Deine Situation hineinbegeben, uns mit ihr identifizieren und Dich von dort aus Schritt für Schritt in Sicherheit bringen. Du wirst von uns also kein „Winken von der Ziellinie“ erleben, wo wir warten, bis Du den Parcours des Rückwegs aus eigener Kraft geschafft hast. Auf der anderen Seite wird es ohne Deine Mithilfe und Mitarbeit keinen Therapiefortschritt geben. Deswegen unsere Bitte: Hilf uns, Dir zu helfen und tu das Dir Mögliche, dass Du bald wieder auf sicherem Boden mit positiver Perspektive stehst.

Wo stehst Du?

Es ist wichtig, dass wir von Anfang an aufrichtig und authentisch miteinander umgehen. Das bedeutet nicht, dass Du alles richtig beurteilen können musst, mitunter bedeuten Traumata ja einen vorübergehenden Realitätsverlust, wofür wir auch Verständnis haben. Wir wollen Dich nur halt da „abholen“, wo Du gerade stehst und das ist nur möglich, wenn wir Deine Situation, Position und grobe Lebensführung kennen. Wir haben Verständnis, wenn Du anfangs unter einem entkontextualisierenden Nickname mit uns korrespondierst, es sollten beim „Outing“ nur keine zu weit abweichenden Parameter (Hintergrund, Geschlecht, Alter, Sachlage) deutlich werden.

Die erste Anforderung an unsere seelsorgerliche Beziehung ist also beidseitige Ehrlichkeit – gegenüber Gott und zwischen Seelsorge-Team und Klient.

Können wir uns vertrauen?

Je authentischer wir sind, desto schneller werden wir uns vertrauen können. Gegenseitiges Vertrauen, dass Seelsorger und Klient bestmöglich an der Heilung und Zielerreichung arbeiten, ist eine wichtige Grundlage der gesamten Therapie. Als Seelsorger investieren wir grundsätzlich Vertrauen vorab und haben die Bitte, dass Du Dich auch darum bemühst. Wir werden sicher schnell zu einem begründeten Vertrauen übergehen können, in der Angangszeit müssen wir für guten Vorankommen meist einen Vertrauensvorschuss leisten.

Als Seelsorgeteam haben wir in erster Linie Vertrauen in Gottes Liebe zu Dir, Seiner Zusage eines guten Weges für Dich und auf Seine Möglichkeiten. Es wäre eine große, perspektivische Erleichterung für Dich, wenn Du zu einem grundsätzlichen Vertrauen in Gott findest.

Schweigen ist Gold…

Wir sichern Dir zu, Deine Identität mit allen Inhalten absolut vertraulich zu behandeln. Das bedeutet, dass Inhalte nur in unserem Seesorge-Team besprochen werden, da jeder von unserem Team bereichernde Stärken hat. Es wird auch keine Infos wie „Ich habe da einen Klienten aus Bochum, der…“ geben – das wäre unfair und fahrlässig.

Fairness erwarten wir auch von Deiner Seite: Nutze die Informationen und Arbeitsunterlagen bitte möglichst nur für unsere Seelsorgebeziehung, da wir jeden Fall individuell sehen müssen. Es ist also fair, wenn ein evtl. ähnlich gelagerter Fall, wo aber z.B. die Lebensführung abweicht eine ebenfalls individuelle Beratung erhält.

Es spricht natürlich nichts dagegen, wenn Du Eltern, Freunde und andere Wegbegleiter involvierst und z.B. Chats mit ihnen durchsprichst.

Kommunikation

In Erstgesprächen bzw. -kontakten freuen wir uns, wenn sich der Hahn öffnet und ruhig erst mal alles unstrukturiert „heraussprudelt“ – dann ist ein guter Teil des Drucks weg. Erfahrungsgemäß ist dieses erste Öffnen auch nicht unbedingt rational oder sachlich, sondern oft verzweifelt, verbittert und nicht objektiv – das gehört dazu und das nehmen wir niemandem krumm. Wir sollten aber zu einer professionellen Netiquette bzw. Chatiquette finden, die eine gute Ergebnissicherung zur beiderseitigen Reflexion bieten.

Wir sind im Beitrag „Warum Online-Seelsorge?“ bereits darauf eingegangen und fassen die wichtigsten Anforderungen an unseren Online-Dialog nochmal zusammen:

Netiquette

Online-Korrespondenz geht leider mit einer kanalreduzierte Kommunikation einher, daher wird es durch Verlust von auditiver und visueller Wahrnehmung schwerer, die Aussage im Kontext (Gefühlslage, Euphorie, Sarkasmus etc.) aufzunehmen. Diese Unschärfe im Dialog sollten wir nicht durch moderne Workarounds, sondern durch besonnene Formulierungen auflösen:

SprachtypBeispielBedeutungsvarianten
Akronym„LOL“ = Laughing Out Loud1) „Klasse, hatte ich nicht dran gedacht“
2) „Definitive Logik-Lücke“
Iteration„Okeeee“1) „Stimmt, sehe es jetzt auch so“
2) „Ziemlich zweifelhaft, nicht überzeugt“
Abkürzungen„???“1) „Bist Du da wirklich sicher?“
2) „Sag mal - geht’s noch!?“

Übrigens: BLOCKSCHRIFT steht für „Schreien“, deshalb sollten wir sie vermeiden.

Chat

Unter Online-Chat fassen wir den Austausch mittels Messaging wie WhatsApp und unseren Chatmodul auf der Life-Coach-Website. Um zielführend zu sein, müssen wir uns gemeinsam zu einem möglichst effektiven Austausch disziplinieren.

Manches Mal müssen wir überlegen, wie wir die Antworten und Anregungen am verständlichsten und treffendsten formulieren, während Du auf Antwort wartest. Deshalb werden wir am Ende einer Chatsequenz ein „>“ anhängen, wenn unsere Ausführung noch nicht zu Ende sind. Argumentationskette beenden wir mit einem „}“ als Zeichen des „übergebenen Mikrophons“.

Eine Hilfe für beide Seiten sehen wir in dem „Nacharbeiten“ (Selbstreflexion) der Chat-Protokolle, was wir deshalb ausdrücklich empfehlen.

Austausch vom Sprachnachrichten

Sprachnachrichten sind eine schnelle Möglichkeit, kompakte Mitteilungen zu übersenden. Wir sollten sie aber wegen der sequenziellen Aufnahmebeschränkung nur im dringenden Notfall verwenden. Geschriebene Nachrichten ermöglichen ein deutlich einfacheres Auffinden von notwendigen Informationen, da sie diagonal gelesen werden können. Deswegen sind Sprachnachrichten bitte auf 5 Minuten Zeitaufwand bei einfacher Hörgeschwindigkeit zu beschränken.

Video-Telefonie

Da wir auch Video-Telefonie mittels Skype/Zoom anbieten, möchten wir hierzu einige Bitten äußern. Die Vorteile der auditiv-visuellen Kommunikation ist, dass Gestik und Mimik bei der Einschätzung der Situation helfen. Deshalb sollten wir keine entstellenden Avatare/Filter nutzen, die uns diese Möglichkeit nehmen.

Erreichbarkeit/Reaktionszeit

Wir werden alle Deine Nachrichten möglichst schnell bearbeiten und beantworten. Da sich aber Seelsorge-Therapien oft über mehrere Monate hinziehen, habe bitte Verständnis, dass wir mehrere Fälle parallel bearbeiten und nach Dringlichkeit filtern müssen. Wir stimmen die Inhalte meist vorab im Team ab, Du solltest aber innerhalb eines Tages eine Rückmeldung von uns erhalten.

Hausaufgaben, z.B. zur Reflexion/Projektion

Wir werden die therapeutische Seelsorge mit zielführenden, kleinen Hausaufgaben (Texte, Videosequenzen, Selbsttests etc.) unterstützen. Bitte bearbeite Sie möglichst gewissenhaft im Dir möglichen, zeitlichen Rahmen und gibt uns bei Verzögerungen eine kurze Info.

Im Rahmen der Seelsorge wurden uns oft Videos zugeschickt, die Aussagen unterstützen sollen oder bestimmte Sachverhalte erläutern sollen. Viele davon hatten eine Laufzeit von 45-90 Minuten, was unseren zeitlichen Rahmen deutlich sprengt. Wir berücksichtigen diese Videos deshalb nur, wenn eine kurze inhaltliche Zusammenfassung, respektive eine Zeitangabe (z.B. „ab Minute 9:20) beigefügt wird. Unser Zeitaufwand für übermittelte Videos sollte 5-10 Minuten nicht überschreiten.

Therapie/Projektierung

In Hinblick auf die Struktur aller Therapien bestehen keine großen Unterschiede. Wir haben einen Ausgangspunkt und ein Ziel, wesentliche Zwischenziele sind „Meilensteile“ (deren Erreichen ist dann immer zu feiern!), die wiederum aus mehreren Arbeitspaketen und einzelnen Aufgaben bestehen. Das klingt zunächst kompliziert, Du wirst aber erkennen, dass Dir diese Strukturierung Halt, Orientierung und Perspektive bietet.

Gesprächsführung

Wenn wir ein gemeinsames Gespräch führen, werden wir Dir durch einige Fragetechniken helfen wollen, Deinen “Fall” ganzheitlich(er) bzw. rational(er) erfassen zu können. Damit gehen wir transparent um, da wir helfen und nicht überlisten wollen.

Techniken sind z.B.:

  • Aufzeigen von Möglichkeitsperspektiven, um zu zeigen, dass Du nicht auf den gegenwärtigen Zustand festgelegt bist und wir Dir einen Wandel zutrauen.
  • Aufzeigen von nutzbaren und hilfreichen Ressourcen, um den Blick auf Potenziale, Fähigkeiten und z.B. Beziehungen zu richten.
  • Projektion bedeutet, aus erfolgreichen Schritten oder z.B. überstandenen Krisen der Vergangenheit zu lernen und sie als Kraftquelle für die Gegenwart zu nutzen.
  • Perspektivwechsel ermöglichen es, Deine Situation aus anderer Position und Sicht zu betrachten und ggf. vorhandene, eingefahrene Sichtweise abzulegen.
  • Zirkuläre Fragen sind dem Perspektivwechsel ähnlich, betreffen aber die Metaebene, die Frage ist also z.B. „Wie hätte ein zufälliger Beobachter Euren Streit beurteilt?“.

Damit möchten wir folgende, mögliche Sichtweisen ausschließen:

  • Tunnelsicht: Beschränkung der Sicht auf einen nur kleinen Problemausschnitt.
  • Kurzsicht: kein perspektivisches Angehen von Problemen, was oft nur kurzfristigen Erfolg bedeutet.
  • Einbahnstraßensicht: bei einer langfristigen, belastbaren Lösung müssen wir gemeinsam Dein Umfeld einbeziehen, dürfen also keine „Einzelkämpfer“-Lösung anstreben.
  • Vorurteile: sind ein oft verständlicher Schutz-Reflex, der aber zu Ängsten und Phobien führen kann.
  • Impulsivität: oft siegt Besonnenheit, insbesondere bei dem Aufbau eines tragfähigen Lebensbilds, gestärkt von einer stimmigen Lebensführung.

Jedes Gespräch sollte möglichst mit einer kurzen, zusammenfassenden Abstimmung der weiteren Vorgehensweise und Terminierung enden.

Hilfreiche „Social Skills“

Konstruktives Verhalten ist beiden Seiten dienlich, auf die Ehrlichkeit sind wir ja bereits eingegangen. Nun einige „Social Skills“, die wir Dir entgegenbringen möchten:

Transparenz: Wir sollten immer wissen, wo wir beim anderen gerade „dran sind“. Wenn es Dir nach einer Erfolgsserie mal richtig schlecht geht, kontaktiere uns bitte. Du musst uns bitte nicht zu Deinen Lasten schonen oder Scham empfinden, wenn Du einen Rückfall hattest. Nur so können wir abstimmen, wie Du zukünftig mehr Erfolg hast.

Annehmendes Verhalten: Wir sehen in Dir nicht lediglich einen „Seelsorge-Fall“, sondern einen Menschen, der Hilfe sucht und verdient hat. Wir werden nicht in allen Ansichten Kongruenz haben, dennoch werden wir Abweichungen respektieren, auch wenn wir sie nicht übernehmen.

Empathie: Eine wesentliche Anforderung an einen Seelsorger ist entgegengebrachte Empathie, also möglichst genau und empfindsam die Erfahrungen und Gefühle des Klienten zu verstehen sowie die Bedeutung, die sie für ihn haben. Wir werden manches Mal an Deiner Seite den Eindruck haben, dass Dich bestimmte Empfindungen (Freude, Sorgen, Angst etc.) bewegen, was wir durch Rückfragen oder Anmerkungen aktiv absichern.

Authentisches Verhalten: Das bedeutet, dass sich unser Team nicht hinter einer täuschenden Fassade versteckt, sondern Dir mit den Gefühlen und Sichtweisen begegnet, die wir empfinden. Wir werden auch die Selbstkongruenz wahren, also unserem Hintergrund, unserer Überzeugung und unserer Rolle als Seelsorger treu bleiben, weil wir Dir sonst keine Orientierung mehr bieten können.

Ermutigung: Eine aktive Ermutigung ist eine sichere Hilfe im Seelsorgeprozess, unterliegt aber ebenfalls biblischen Rahmenbedingungen, damit dem unnüchternen Hype kein umso tieferer Sturz folgt:

„Alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, dies erwägt.“ (Philipper 4:8)

Unser Lob wird also möglichst den folgenden Ansprüchen gerecht werden:

  • wahr (z.B. keine Halbwahrheiten oder Notlügen),
  • würdig (z.B. nicht zynisch, niveaulos oder vulgär),
  • gerecht (z.B. nicht zu Lasten Dritter),
  • rein (z.B. ohne manipulative Absichten),
  • lieblich (z.B. nicht verletzend, sondern konstruktiv),
  • wohllautend (z.B. kein Rückhalt von Lob) sein.

Empowerment: dieses Prinzip der Personalführung verwenden wir ebenfalls in der therapeutischen Seelsorge. Wenn wir von „Selbstbestimmung“ reden, ist als Christ natürlich gemeint, dass man in der Lage ist, Sein Leben nach Gottes Willen und Maßgabe, in der Kraft des Heiligen Geistes autonom zu gestalten – also nicht auf konstante Hilfe Dritter angewiesen zu sein. Empowerment meint, die Interessen (Gottes) selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten; dazu gehört auch der Aufbau eines Lebensstils, der diese Ausrichtung manifestiert.